"Mehr Demokratie", das ist so eine Forderung, das fast jeder Bürger zunächst unterschreiben würde. Und tatsächlich: Außer der CDU haben alle maßgeblichen Parteien die Forderung nach einem Ausbau direktdemokratischer Elemente - bis hin zu Volksentscheiden auf Bundesebene - in ihren Wahlprogrammen. Man darf also hoffnungsfroh sein, dass in der nächsten Legislaturperiode etwas passiert, auch wenn das Thema im Wahlkampf kaum eine Rolle gespielt hat.
Doch was heißt das nun genau? Wie so oft geht es ja nicht nur um das Ob, sondern auch um das Wie. Die AfD etwa zielt mit ihrer Forderung nach mehr direkter Demokratie klar auf ein Unterlaufen von Grundgesetzstandards, die heute in einem Aushandlungsprozess zwischen Regierung, Parlamenten und Verfassungsgerichten geschützt werden. Wenn ich von direkter Demokratie spreche, habe ich aber ein ganz anderes Ziel, nämlich Betroffene zu Beteiligten zu machen. Oder - frei nach Bertold Brecht - den Bürgern die Chance zu geben, sich in die eigenen Angelegenheiten einzumischen. Ein Prozess wie ich ihn mir vorstelle, sähe dann ganz anders aus als das Instrument einer rechtsradikalen Partei zur Zerschlagung des Rechtsstaats.
Mein Vorschlag daher: Wenn wir mehr Demokratie und Transparenz wollen, sollte auch der Prozess dorthin schon diese Werte widerspiegeln. Ein runder Tisch aus Bundestagsabgeordneten und Fachleuten, der der Öffentlichkeit dann am Ende sein Ergebnis vorlegt, dass man nur in Gänze unterschreiben oder ablehnen kann, ist nicht der richtige Weg. Es braucht auch dort die Fähigkeit, sich zu öffnen, Impulse von außen aufzunehmen - und ggf. auch das eine oder andere Mal Ideen im Kleinen zu testen (siehe dazu #1 meiner Liste).
Wir Bürger können das, davon bin ich überzeugt. Nur sind die wenigsten bereit, sich mit Themen intensiver zu beschäftigen, bei denen sie sowieso nichts zu entscheiden haben. Das Beispiel Schweiz, aber auch die seit Jahren erfolgreich stattfindende Erstellung eines Bürgerhaushalts in der brasilianischen Millionenstadt Porto Alegre zeigen, dass die Menschen sich dann engagieren, wenn es um etwas geht. Das wird in Deutschland sicher nicht anders laufen.
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