Freitag, 29. April 2016

Die AfD und der Hass auf die Grundrechte

Die AfD kommt am Wochenende zum Programmparteitag zusammen. Dort steht unter anderem die Religionsfreiheit, insbesondere für Menschen muslimischen Glaubens zur Debatte. Schlimm genug, dass eine Partei, die inzwischen in zahlreichen Parlamenten vertreten ist, so offensichtlich die Axt an ein Grundrecht legt. Wer nun aber glaubt, das wäre der einzige Anschlag dieser Art, der irrt. Zeit für eine Bestandsaufnahme.

Die AfD stellt Artikel 1 des Grundgesetzes - "Die Würde des Menschen ist unantastbar", immerhin ein unveränderlicher Grundsatz - in Frage. Und zwar mit der von zahlreichen Spitzenpolitikern geäußerten Forderung, auf Flüchtlinge an deutschen Grenzen zu schießen. Das betrifft dann auch gleich Artikel 2 des Grundgesetzes - das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.

Die geplante Diskriminierung von Muslimen betrifft nicht nur Artikel 4 des Grundgesetzes (Freiheit der Religionsausübung), sondern in der Durchsetzung dann auch Artikel 3 des Grundgesetzes (Gleichheit vor dem Gesetz).

Auch mit Artikel 5 des Grundgesetzes - Pressefreiheit - hat die AfD so ihre Probleme. Nicht nur, dass die Junge Alternative versuchte, die Presseberichterstattung durch Knebelverträge zu beeinflussen und unliebsame Journalisten durch die AfD von Parteitagen ausgeschlossen wurden. Auch die Kunstfreiheit - Artikel 5, Absatz 3 des Grungesetzes - steht unter Beschuss, wie der an den Stimmen der demokratischen Parteien in der Hamburger Bürgerschaft gescheiterte Versuch, den Auftritt einer unliebsamen Band auf dem Hamburger Hafengeburtstag zu verbieten, dokumentiert. Erdogan lässt grüßen.

Artikel 10 des Grundgesetzes schreibt das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis fest - ein Grundrecht, das gerade wieder vom Bundesverfassungsgericht gestärkt wurde, das auf Klage der Liberalen Baum und Hirsch das BKA-Gesetz kassierte (und dasselbe mit der Vorratsdatenspeicherung zum wiederholten Mal tun wird). Die AfD ficht das nicht an, fordert sie doch genau diese Vorratsdatenspeicherung unter dem schönen Schlagwort "Datenschutz darf kein Täterschutz sein". Den Diktatoren dieser Welt gefällt das.

Artikel 12 des Grundgesetzes - die Berufsfreiheit - scheint ebenso wenig unantastbar, wenn der 2015 ins AfD-Schiedsgericht gewählte Alexander Heumann erklärt, er betrachte es mit Sorge, wenn Muslime in Deutschland für die öffentliche Sicherheit zuständig seien, etwa als Polizisten.

Auch Artikel 16a des Grundgesetzes - das Recht auf Asyl - wird in Frage gestellt. Frauke Petry, die Parteichefin, forderte vor einiger Zeit dessen Aussetzung. Das mag sich nicht so dramatisch anhören. Aber man stelle sich nur vor, was es hieße, wenn Pressefreiheit oder das Recht auf körperliche Unversehrtheit einfach für eine gewisse Zeit ausgesetzt würden.

Was wird als nächstes unter Beschuss genommen? Die Versammlungsfreiheit? Die Unverletztlichkeit der Wohnung? Es ist nur eine Frage der Zeit. Dass die AfD vor diesem Hintergrund immer noch nicht unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht, muss als brutale Fehleinschätzung interpretiert werden, deren Korrektur hoffentlich nach dem Parteitag erfolgt.


Donnerstag, 28. April 2016

Diarium - Frauke Petry beschäftigt rassistischen und sexistischen Publizisten

Da ist mir doch gerade fast das halbe Brötchen aus dem Mund gefallen: Frauke Petry holt laut Meedia den Focus-Redakteur Michael Klonovsky als "publizistischen Berater". Klonovsky, das ist der, für den Putins Russland der Hort der Freiheit ist, weil dort Mentholzigaretten und Glühbirnen nicht verboten sind. Klonovsky, das ist der, der sich selbst als "rassistisch" und "sexistisch" bezeichnet und ganze Bände von islam-, demokratie- und fortschrittsfeindlichen Aphorismen verfasst hat, wie ich schon vor zwei Jahren dokumentiert habe. Klonovsky ist ganz nebenbei auch der, der genau darauf mit üblen Beleidigungen reagierte, nach einem Schreiben meines Anwalts allerdings am Ende den Schwanz einzog. Und Klonovsky ist auch derjenige, den der inzwischen arbeitslose ehemalige Welt-Autor Matthias Matussek verteidigen wollte, indem er mich als "Wurm" titulierte. Eine der wenigen Beleidigungen übrigens, gegen die ich nicht vorgegangen bin und die nicht vom Landgericht Hamburg als klar rechtswidrig eingestuft und ihm verboten wurden. Wenn da mal nicht zusammenwächst, was zusammengehört...

Montag, 18. April 2016

Diarium - Bernd Lucke, der Despot und die Drecksau

Bernd Lucke, der sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Hans-Olaf Henkel um den Titel des größten politischen Versagers der letzten Jahre liefert, hat eine neue Berufung gefunden: "FOCUS-Online-Experte". Dort darf er nun an der Seite des rassistischen und frauenfeindlichen FOCUS-Chefautoren Michael Klonovsky sein autoritäres Gen ausleben. Und er legt dann auch gleich furios los.

So zeigt er deutliche Sympathien für den Despoten Erdogan (zur Erinnerung, das ist der, der gerade in seinem Land sämtliche Bürgerrechte außer Kraft setzt, der trotz Korruption weiter im Amt bleibt und seine Familie nach und nach auf die wichtigsten Positionen des Landes befördert) und entblödet sich nicht, diesen mit dem "Außenseiter, der bevorzugt gehänselt und herumgestoßen" zu vergleichen. Mit Blick auf Jan Böhmermann empört er sich über die "primitiven Vulgaritäten", nur um nur einen Moment später Böhmermann komplett ironie- und satirefrei "eine feige Drecksau" zu nennen. 

Wie kommt jemand wie Lucke, der doch so gerne als anständiger Demokrat mit bürgerlichen Umgangsformen wahrgenommen werden würde, dazu, so um sich zu schlagen? Nun, zunächst einmal dürfte Lucke immer noch davon träumen, selbst einmal ähnlich totalitäre Vollmachten zu besitzen wie Pascha Erdogan. Schon in den Anfangszeiten der AfD ließ sich beobachten, wie Lucke versuchte, "seine" Partei zu einer Art Führerpartei mit demokratischem Antlitz zu machen. Denn: Demokratie ist für den Wirtschaftsprofessor offenbar nur Mittel zu Zweck - wenn, wie im Falle Erdogan, die wirtschaftlichen Kennzahlen stimmen. Erdogan habe "die Türkei zum Erfolg geführt" - und das müsse man nun doch einmal würdigen, ist Lucke überzeugt. "Und im Vergleich zu früher geht es den Türken heute richtig gut", legt er nach, vergisst dabei aber das kleine Detail, dass dies nur für die Türken gilt, die nicht dummerweise als Kurden, Jesiden oder andere Minderheiten auf die Welt gekommen sind oder sich tatsächlich aus Überzeugung entschieden haben, unabhängigen Journalismus zu machen. Denen geht es nämlich inzwischen gar nicht mehr gut. Aber was jucken einen Rechten schon Pressefreiheit und Minderheitenrechte?

Luckes Denken wirft übrigens ganz nebenbei auch noch ein Schlaglicht auf die AfD: Wenn schon der Wirtschaftsprofessor, den viele für die gemäßigtere Wahl im Vergleich mit Frauke Petry hielten, sein Grundproblem mit demokratischen Grundwerten so deutlich durchscheinen lässt, wie soll man dann die dauernden Attacken der AfD-Spitze auf das Grundgesetz durch Schießbefehlsforderungen oder der Forderung nach der Einschränkung der Religionsfreiheit anders deuten, denn als Versuch, die Demokratie zu desavourieren und nach und nach abzuschaffen? Wer Erdogans Werte auch für Deutschland will, muss AfD oder ALFA wählen. 

Freitag, 15. April 2016

Diarium - Der Mann aus Kanada im Computer


Gestern war ich in München bei DNA - Das Neue Arbeiten eingeladen, um meinen Blick auf den Wandel in der Arbeitswelt und darüber hinaus vorzustellen. Nun haben meine wunderbare Co-Autorin Lena Schiller Clausen und ich im Rahmen der Recherchen zu "New Business Order" eine Menge spannender Unternehmen mit einer Menge spannender Ansätze kennengelernt. Was mir allerdings noch nicht begegnet ist: Ein Chef, der in seinem Unternehmen nur noch über einen fahrenden Computer präsent ist. 

Christoph Haase vom Relais-Produzenten Tele Haase aus Wien tut genau das. Er lebt auf einer Insel vor Vancouver/Kanada und lässt seine Mitarbeiter sich selbst organisieren. Und wenn ihm danach ist, setzt er sich vor den Computer und steuert einen Computer, der aussieht wie ein Segway mit Bildschirm durchs Unternehmen und schaut seinen Mitarbeitern über die Schulter, diskutiert mit ihnen oder sorgt einfach für gute Stimmung. Oder er kommt eben mit zu Konferenzen, fährt dort in der Gegend rum, unterhält sich oder diskutiert sogar auf dem Podium mit wie gestern (siehe Bild).

Auf dem Bildschirm ist dabei sein Gesicht zu sehen, so dass man zwar einen Bildschirm vor sich hat, aber wie über Skype mit einer realen Person spricht. Da konnte ich fast gar nicht anders, als mit Christoph einen Selfie zu schießen...

Ist das was für jedes Unternehmen? Sicher nicht. Alleine Treppen könnten für diese Lösung schon zum unüberwindbaren Hindernis werden. Aber wie so oft liegt die Lösung sowieso in einem individuellen Ansatz. Tele Haase spannt mit seiner Interpretation von moderner Führung den Lösungsraum einfach ein bisschen weiter auf. Man kann sich ja auch inspirieren lassen, ohne gleich alles zu kopieren.


Donnerstag, 7. April 2016

Diarium - AfD und Pegida 1987

Über was man beim Lesen alles stolpert. Vor einigen Tagen ist das neue Buch der liberalen Bürgerrechtspolitiker Baum und Hirsch erschienen - und dort wird, Kommentaren von 1987, dokumentiert, was auch heute wieder gilt: Nicht der Linke ist der Erzfeind der Rechten, sondern der Liberale. Der Unterschied zwischen damals und heute war vielleicht, dass der Antisemitismus noch eindeutiger geäußert wurde und das Deutsch noch etwas besser war. Ansonsten kaum Unterschiede. Hier ein paar Beispiele:
  • Beleidigungen - und viele Ausrufezeichen:
„Aufhängen sollte man Euch, Ihr dreckigen Säue!!!“
  • Die große jüdische Weltverschwörung muss endlich beendet werden:
„Ihr Juden, Baum und Hirsch, Beschützer der Verbrecher, müsst aus der deutschen Politik ausgeschlossen werden!“
  • Ich habe Angst, früher (bei Adolf?) war alles besser:
„In diesen Staat habe ich kein Vertrauen mehr. Bei Dunkelheit kann man als älterer Mensch nicht mehr auf die Straße. Armes Deutschland! Es war schon mal anders.“
  • Beleidigungen - Antisemitismus - Wir sind das Volk, Ihr nicht:
„Sie sind das größte Arschloch im Bundestag. Als Stinkjude kann man nichts anderes erwarten. […] Sie und ihr Genosse Arschloch Hirsch vertreten nicht die Meinung unseres Landes. Deshalb raus aus dem Bundestag!“
  • Noch sitzt Ihr da oben, Ihr feigen Gestalten...:
„Wie beide sind in der BRD die meist gehassten Leute. Warum, wissen wir. Es sollte einen nicht wundern, wenn sie eines Tages selbst auf der Strecke bleiben. Sollte ich ihnen nie begegnen, so können Sie sich auf was gefasst machen. Aber was kann man von Leuten ihres Schlages anderes erwarten.“
Ich will dazu an dieser Stelle nur einen Gedanken äußern, und zwar diesen: Eine Demokratie ist dann stark, wenn die Mehrheit es schafft, eine gesellschaftliche Grundstimmung zu garantieren, in der diese Gedanken zwar nicht weg sind, aber zumindest nicht aggressiv vorgetragen werden. Bricht es dann doch heraus, zumal mit der Gewalt, die wir gerade erleben, ist die Demokratie nicht in Gefahr, weil es diese Spinner gibt, sondern weil die anderen zu schwach sind. Damit ist die Aufgabe für die liberale Mitte für die nächsten Jahre definiert.