Sonntag, 28. Februar 2016

Diarium - Warum die Schweiz kein Vorbild für direkte Demokratie ist

In der Schweiz fällt heute die Entscheidung über die so genannte "Durchsetzungsinitiative", bei der es um die Frage geht, ob kriminelle Ausländer konsequent abgeschoben werden. Davon abgesehen dass ich von der Forderung wenig halte, weil man sich aus der Verantwortung auch für all diejenigen stiehlt, die trotz ausländischem Pass in der Schweiz geboren und aufgewachsen sind - und damit eher das Problem der Schweiz als das der Herkunftsländer ihrer Eltern sein sollten, gibt es noch einen viel wichtigeren Punkt, den man bedenken sollte. Denn was wie ein bürokratischer Vorgang klingt, ist nichts anderes als ein weiterer Schritt zur Abschaffung von wesentlichen Grundrechten, die ihrer Idee nach allen Menschen zustehen. In diesem Fall ist die Gleichheit von In- und Ausländern vor dem Gesetz bedroht.

Auch wenn die Schweiz gerne - und in vielen Fragen durchaus zurecht - als Vorbild für die Nutzung direkter Demokratie genannt wird, trifft dies in vielen wesentlichen Fragen gerade nicht zu. Denn während in Deutschland die Grundrechte durch die Verfassung geschützt sind, über die das Verfassungsgericht wacht und gegen die niemand - auch nicht die Mehrheit des Parlaments oder die große Mehrheit der Bürger - verstoßen darf, gilt dies in der Schweiz nicht. Um es an einem Beispiel fest zu machen: In der Schweiz könnte die Mehrheit der Bürger (oder besser: Die Mehrheit derer, die abstimmen geht) auch die Wiedereinführung der Todesstrafe oder öffentlichen Auspeitschens beschließen, während dies in Deutschland durch Artikel I des Grundgesetzes ausgeschlossen ist. 

Die Durchsetzungsinitiative ist ein Beispiel dafür, dass direkte Demokratie falsch genutzt zu einem brutalen Diskriminierungsinstrument werden kann. Ist sie erfolgreich, wird bei den Eidgenossen durch direkte Demokratie das real, was bei uns die NPD schon immer fordert. Die liberale Demokratie schafft sich so Stück für Stück selbst ab - der feuchte Traum jedes autoritären Geistes. Vor diesem Hintergrund ist dann auch zu verstehen, warum gerade rechte Antidemokraten gerne "Wir sind das Volk" brüllen und Rechtsradikale wie Pegida-Fronthetzerin Tatjana Festerling mehr direkte Demokratie nach dem Vorbild der ach so freien Schweiz fordern (und dafür leider viel unbedachten Applaus bekommen). Sie wollen Demokratie nutzen, um die Freiheitsrechte von Minderheiten zu beschneiden.

Daher: Direkte Demokratie, ja bitte. Aber nicht so, wie in der Schweiz, sondern richtig gemacht. Bahnhöfe oder Bahntrassen, Haushaltsfragen und von mir aus auch, wer Bundespräsident werden soll: Darüber sollen die Bürger gerne entscheiden. Aber nicht über Leib, Leben und die Grundrechte ihrer Mitbürger. In diesem Sinne kann man nur hoffen, dass die Schweizer ihre Menschlichkeit heute nicht auf den Scheiterhaufen falsch verstandener Demokratie werfen. Und von Herzen den Freunden der Operation Libero und allen anderen Liberalen in der Schweiz viel Erfolg wünschen.

Dienstag, 23. Februar 2016

Ein Brief von einer gebürtigen Dresdnerin

Aus aktuellem Anlass: Folgende Zeilen sind ein Auszug aus einer Mail, die ich schon vor einigen Wochen von einer gebürtigen Dresdnerin erhalten habe, die kurz vor dem Fall der Mauer in den Westen gezogen ist. Ihr Blick auf den Osten, insbesondere Dresden, ist durchaus interessant. Die Dame möchte aus Angst vor Anfeindungen anonym bleiben.

"Das 'neurechte Milieu' infiltriert nicht nur mit AfD und Pegida die bürgerliche Mitte, auch werden sie tatkräftig von den 'alten' Stasiseilschaften unterstützt. Man darf nicht vergessen, dass es zum Zeitpunkt der sogenannten Wende sehr viele gut ausgebildete (hauptamtliche) Mitarbeiter des MfS gab, die damals kaum älter als Ende Zwanzig/Anfang Dreißig waren (heute 50-60 Jahre alt). DIE sind nicht von heute auf morgen verschwunden und auch nicht vom Saulus zum Paulus konvertiert. Hier im Westen nimmt man mit Sicherheit an, dass derartige Menschen in den Reihen der Linken zu finden seien .... Das ist ganz bestimmt ein sehr großer Irrtum. Diese Leute unterhielten/unterhalten ein flächendeckendes Netzwerk. Diese Menschen hat man mit der Wende ihrer Lebensphilosophie beraubt, ihre Karriere zunichte gemacht, ihr Selbstwertgefühl gegen Null gefahren. Durch die mögliche Einsichtnahme der Bürger in ihre Stasi-Akten wurden nicht nur die IM's, sondern auch die Mitarbeiter des MfS von Priviligierten des Arbeiter-und-Bauern-Staates zu Verbrechern, Denunzianten ..... Sie verloren von heute auf morgen ihren Status. Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Tatsache selten ohne Nebenwirkungen problemlos weggesteckt wurde. 

Die Flüchtlingsproblematik (speziell in den neuen Bundesländern) ist bestimmt nicht die Ursache für den Rechtsruck, doch sie kommt wahrscheinlich AfD, Pegida + Co. sehr gelegen. Interessant ist natürlich auch, dass man in der DDR keine Fremden (wie hier in der alten BRD) wie Gastarbeiter etc. gewohnt war. Die DDR übernahm die Ausbildung von jungen Menschen aus einigen befreundeten Bruderstaaten wie Kuba, Angola, Vietnam und Ungarn. Doch diese Menschen wohnten abgeschirmt von der DDR-Bevölkerung. Mit Beendigung der Ausbildung wurden diese Leute in ihre Heimatländer zurück geführt. Kontakte mit der DDR-Bevölkerung gab es kam, waren auch nicht erwünscht. Integration Null.

Wie ich bereits erzählt, war ich vergangenes Wochenende in Chemnitz. Dort gibt es zur Zeit eine gewaltige Serie an Einbrüchen in Einfamilienhäuser. Die daraus propagierte Konsequenz: ..... Der Staat ist unfähig, sorgt nicht für Ordnung und Sicherheit. Das Gesindel nutzt das aus. Da seht ihr, was ihr von eurer offenen Gesellschaft habt: Unsicherheit, Kriminalität, Unterwanderung durch fragwürdige Objekte .....

Schlimm finde ich vor allem, dass sich diese Meinungen durch alle sozialen Schichten ziehen ..."