Auf besonderen Wunsch des liberalen Menschenrechtsaktivisten Tobias Huch und mit freundlicher Genehmigung des Hanser-Verlags hier ein kurzer Auszug aus meinem neuen Buch "Gefährliche Bürger - Die neue Rechte greift nach der Mitte" mit Focus auf das Facebook-Phänomen Jürgen Todenhöfer. Besonders seine Verharmlosung rechtsextremen Gedankenguts von 1989 klingt so wie das, was man heute von all jenen hört, die sich insgeheim über jeden Anschlag auf ein Flüchtlingsheim freuen.
Auszug von den Seiten 111 bis 113:

»Wenn Rotgrün nach Bonn kommt, geht die Demokratie«,
orakelte er, wohingegen sich das Programm der Republikaner
»keineswegs als ›Fahrplan des Faschismus‹ (taz)« erweise,
sondern »demonstrativ auf dem demokratischen Parlamentarismus«
fuße. Darüber hinaus war Todenhöfer davon
überzeugt, es gebe »keine Ausländerfeindlichkeit als Grundströmung
in der Bundesrepublik«, daher seien die Republikaner
auch keine besondere Gefahr, zumindest keine, die größer
sei als Rot-Grün. Vielmehr bestehe das Problem darin, dass
die »drei großen A’s – Asylanten, Ausländer, Aussiedler« – so
lange durcheinandergemischt würden, »bis niemand mehr
weiß, was mit Ausländerhass eigentlich gemeint ist«, was
nicht akzeptabel sei in einem Land, »das bis unter den Dachfirst überfüllt ist«.
Vor diesem Hintergrund klingt Todenhöfers nächste Erkenntnis
fast zwangsläufig: »Nicht Neonazis, sondern linke
Terroristen« seien es, die die Axt an die bundesdeutsche
Realität legten, denn: »Der rote Mob marschiert – nirgendwo eine braune Front. […] Es sind nicht die erfundenen
Neonazis, die diese Republik gefährden.« Keine zwei Jahre
später wurde die geeinte Bundesrepublik von einer Serie
tödlicher, menschenverachtender rechtsextremistischer Anschläge
heimgesucht.
Seit einiger Zeit nun schreibt Todenhöfer Bücher mit
Titeln wie Mein Traum vom Frieden und wirbt für einen Dialog
mit dem früheren KGB-Agenten Putin, der heute russischer
Präsident ist. Ist der »Friedensträumer« also nach links
gerückt? Keineswegs: Der CDU-Rechtsaußen Todenhöfer hat
sich über die Zeit gewissermaßen im Gleichschritt mit jener
Szene entwickelt, die sich eine neue Form von rechtem Denken
wünscht, geprägt von Abneigung gegen das westliche Lebensgefühl, von Sympathie für autoritäre Lösungen, und
die für eine möglichst neutrale Stellung Deutschlands wirbt,
sozusagen als Insel der Seligen in einer unaufgeräumten Welt.
Nein, man ist weder Nazi noch Antisemit, weder Amerikahasser
noch Putin-Fan – aber: »Man wird ja wohl noch sagen
dürfen …« Mit seiner Mischung aus Welterklärung, Amerika-,
Nato- und Israelkritik und Russlandsympathie gelingt
es Todenhöfer, die breite Mitte zu erreichen. Selbst für Terroristen
bringt er Verständnis auf. In Gerickes Sendung auf RT
etwa konnte er unwidersprochen sein Mitleid mit IS-Kämpfern
ausdrücken, die erst durch die amerikanische Politik zu
Terroristen geworden seien. Bei Jürgen Todenhöfer wirken
Erklärungen wie Lösungen immer einfach. Und schuld ist
immer der Westen.
Mehr zu den Hintergründen der neuen Rechten, zu ihren Strategien und Protagonisten im Buch - ab Montag, 24. August 2015 überall im Buchhandel erhältlich. Wer Tobias Huchs Initiative für Kurdistan unterstützen will, findet alle Infos hier. Mit einer 5 Euro teuren SMS mit dem Inhalt KURDISTAN an die 81190 gehen 50 Flaschen Trinkwasser an Flüchtlinge in der Region.
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