Hans-Olaf Henkel scheint endlich angekommen. Nachdem er vor anderthalb Jahren noch zur Unterwanderung der FDP aufrief (ohne allerdings selbst beizutreten) und sich dann den Freien Wählern zuwandte, hat er sich jetzt mit vielen anderen alten Männern aus der Anti-Euro- und Anti-Europa-Szene entschieden, mit der „Alternative für Deutschland“ zur Bundestagswahl 2013, spätestens aber zur Europawahl 2014 anzutreten. Nun muss man sich alleine schon aufgrund des Altersschnitts fragen, wo denn der Zukunftsentwurf der Partei liegen soll. Die Unterstützerliste ist nämlich gespickt mit Männern jenseits der 60 oder 70, deren politische Zukunft irgendwann in den 80ern oder 90ern schon wieder aufgehört hat. Frauen und Vertreter jüngerer Generationen fehlen fast komplett (wegen Missverständnisgefahr angepasst). Aber das wäre zu einfach. Spannender finde ich da schon die Frage, wieso lauter 70-jährige heute den Status Quo beklagen, den sie selbst über Jahrzehnte mitgestaltet haben. Und noch mehr, mit welcher Begründung sie glauben, dass gerade sie jetzt die richtigen Antworten wüssten, die sie in der Vergangenheit nachweislich nicht hatten.
Ein Blick auf das Ziel der Partei, dass auf der Seite der „Wahlalternative 2013“ nachzulesen ist, macht deutlich: Um Antworten geht es auch gar nicht, sondern um Ideologie. Drei Punkte werden überhaupt nur formuliert, aber wichtig ist eigentlich nur das klare Ziel eines Austritts aus dem Euro. Dafür, und jetzt wird es spannend, wolle man mit einer politischen Partei kooperieren, die die eigenen Ziele teile. „Alle anderen politischen Meinungsverschiedenheiten sind angesichts der heutigen Herausforderungen unbedeutend.“ Wenn man letzteren Satz ernstnimmt, dann kommen verschiedene hochseriöse Parteien in Frage. Die Freien Wähler wollen wohl nicht, also bleiben die Partei der Vernunft (PdV), die „Freiheit“, „PRO“ und solche lustigen Kräfte wie die NPD und BüSo. Andere (gemäßigte) Kräfte, die im Wahlprogramm einen Austritt aus dem Euro stehen hätten, fallen mir erst einmal nicht ein.
Bei der PdV darf man davon ausgehen, dass Parteichef Janich, der sich als Alleinunterhalter inszeniert und reichlich Bücher verkauft, kein Interesse daran hat, zukünftig im Schatten des noch größeren Anti-Euro-Bücherverkäufers Hans-Olaf Henkel zu stehen. Die „Freiheit“ und PRO haben ein ganz klar anti-muslimisches Profil, die NPD ein ausländerfeindliches und die BüSo steht in dem Ruch, antisemitische Tendenzen zu dulden. Aber wie gesagt: politische Meinungsverschiedenheiten auf anderen Feldern sollen ja keine Rolle spielen, da kann man sich eigentlich auch ohne weiteres mit diesen Kräften zusammenschließen. Zumal einige der Protagonisten der „Alternative für Deutschland“ in diese Richtung sowieso wenig Berührungsängste zeigen.
Karl-Albrecht Schachtschneider ist gern gesehener Gast bei „PRO Köln“ und der FPÖ. Auch mit Parteigründungen kennt er sich aus, war er doch am Anfang beim Bund freier Bürger dabei, der später vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wurde. Auch in SPD und CDU war er schon Mitglied, aber das war sicher nur, um Erfahrungen zu sammeln. Wilhelm Hankel publiziert ohne Berührungsängste auch einmal in der rechtsextremen „National-Zeitung“ oder BüSo-nahen „Neuen Solidarität“, Uwe Woltemath, ehemaliger FDP-Fraktionschef in Bremen, der danach schon eine andere Wahlalternative mitbegründet hat, scheint eher auf der Suche – vielleicht vor allem nach einem ordentlichen Abgeordnetengehalt.
Die einschlägigen Seiten wie PI-News und Deutschland.NET jubeln über diesen Zusammenschluss. Das ist wenig überraschend. Sorgen müssen sich wohl vor allem die anderen rechten Kleinstparteien, aber auch Union und FDP machen. Vor allem in der CSU (sowieso) und in der FDP rund um Frank Schäffler haben sich Kräfte gesammelt, die offen für eine reine Anti-Euro-Partei scheinen. Schäffler selbst dürfte sich über die Pläne seiner "Freunde" weniger freuen, denn er steht schon auf einer Wahlliste, nämlich der der FDP in NRW und muss bei einem Erfolg der "Alternative" um seinen Wiedereinzug - und sein Alleinstellungsmerkmal im Bundestag - bangen. Es wird spannend sein, die Reaktion der angegriffenen Parteien auf die "Alternative für Deutschland" zu beobachten. Sucht man die inhaltliche Herausforderung oder biedert man sich an? Oder löst sich die Geschichte zumindest mit Blick auf die Bundestagswahl schon wieder in Wohlgefallen auf? Ich hoffe auf Letzteres, denn ich sehe in der "Alternative" eine Bewegung, die zurück will in eine Zeit, die endgültig vorbei ist. Nationales Denken in einer globalisierten Welt sehe ich als Angriff auf das Lebensglück der jüngeren Generation. Dagegen gilt es alle Kräfte zu mobilisieren.