Die Wahllokale in Niedersachsen
sind geschlossen. Wer regieren wird, wissen wir noch nicht. Allerdings gibt es
schon einige Erkenntnisse, auf die es sich zu blicken lohnt.
Zunächst einmal zur Opposition:
Das Ergebnis der SPD in einem ihrer Stammländer ist sicher nicht überragend,
allerdings auch nicht halb so schlimm, wie die Umfragen auf Bundesebene. Die
Ausgangslage ist der im Bund dabei gar nicht unähnlich gewesen: Ein beliebter
Ministerpräsident, der mit der FDP regiert, die in den Umfragen schwächelte und
auf der anderen Seite ein klar zusammenstehendes rot-grünes Lager. In
Niedersachsen wird es eng zwischen beiden Lagern, in Berlin würde es nicht eng
werden, wäre heute Bundestagswahl. Der Unterschied liegt in einem profilierten,
soliden und für seine Arbeit geschätzten Spitzenkandidaten der SPD in
Niedersachsen und einem katastrophalen Spitzenkandidaten auf Bundesebene. Die
SPD hat Potenziale – die Peer Steinbrück aber nicht abrufen kann. Das sollte
zum Nachdenken anregen.
Die FDP lebt. Warum sie lebt, ist
dabei recht irrelevant. Unabhängig von dem, was im Herbst bei der
Bundestagswahl passieren wird, ob die FDP es schafft, oder nicht, wird sie in
wichtigen Flächenländern wie NRW, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein
sowie im Stadtstaat Hamburg in ordentlicher Mannstärke in den Parlamenten
sitzen. Damit wäre selbst eine außerparlamentarische Legislatur nicht das
Todesurteil für die Partei. Ganz unabhängig davon hat die FDP die Frage, wo sie
langfristig hin will, immer noch nicht beantwortet. Orientiert sie sich an den
Wahlsiegern, wird sie allerdings nicht darum herum kommen, deren gemäßigt Kurs
zu folgen und sich klar gegenüber libertären, klassisch-liberalen und
anti-europäischen Strömungen abzusetzen. Einen "Liberalen Aufbruch" von rechts
braucht die FDP definitiv nicht. Lindner und Kubicki stehen für einen „mitfühlenden
Liberalismus“, Birkner hat unter anderem zum Thema Mindestlöhne eine deutlich
gemäßigtere Position abgegeben, als sie von Teilen der Partei gefordert wurden
und musste dafür Schläge einstecken. Nicht trotzdem, sondern gerade weil die
genannten Personen nicht radikal, sondern gemäßigt, in alle Richtungen offen
und reflektiert aufgetreten sind, wurden sie gewählt. Für eine liberale Partei
der Lindners, Kubickis und Birkners gibt es ein Wählerpotenzial deutlich jenseits
der 5%. Der einzige Landesverband, der in den letzten Jahren auf einen deutlich
radikaleren Kurs abgebogen ist, war Berlin. Und die landeten bei 1,8%.
Damit ist auch klar, was Philipp
Röslers Aufgabe ist: Endlich ein klares liberales Profil zu entwickeln. Das
Irrlichtern der ersten Amtszeit als Parteivorsitzender muss ein Ende haben.
Dass jetzt allerdings noch irgendjemand auf die Idee käme, Rösler durch
Brüderle ersetzen zu wollen (letzterer ist mit seiner Landes-FDP übrigens aus
dem Landtag geflogen), ist nicht zu vermuten. Der ganzen Partei sei allerdings
mitgegeben: Der Wahlerfolg darf nicht faul machen, die Umfragen auf Bundesebene
sollten Warnung genug sein. Angela Merkel ist weniger emotional gebunden, als
es David McAllister war und neigt nicht dazu, eine Zweitstimmenkampagne
zugunsten der FDP zu fahren.
Die Linke findet im Westen nicht
statt. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Ich würde sie auch im Bundestag nicht
vermissen. Die Piraten wiederum müssen jetzt das lernen, was sie von den
anderen Parteien immer gefordert haben (und weshalb sie eine Zeitlang gewählt
wurden): Demut und inhaltliche Arbeit. Es wäre schade, wenn die Piraten so
schnell wieder komplett von der Bildfläche verschwinden würden, weil sie
alleine durch ihre Existenz den etablierten Parteien Beine gemacht haben. Dass
sie so schlecht dastehen, haben sie allerdings alleine sich selbst
zuzuschreiben. Solange sie das nicht verstehen, solange sie es nicht schaffen,
rechte und linke Spinner zu isolieren, solange sie es nicht schaffen
durchdachte Inhalte zu produzieren, wird es nicht besser werden. Klingt wie die
FDP, sind aber die Piraten. Wird ihnen nicht gefallen, ist aber die Wahrheit.
Marketing alleine ist eben keine Politik. Da hilft auch kein Shitstorm.
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