Sonntag, 6. Mai 2012

Freude in Demut

Dass die FDP es in Schleswig-Holstein wieder in den Landtag geschafft hat, ist so überraschend nicht. Die Höhe des Ergebnisses allerdings ist eine klare Ansage der Wähler, die man nicht überhören kann. Nun geht es allerdings darum, sie richtig zu deuten, innerhalb und außerhalb der FDP.

Die Liberalen sind durch ein tiefes Tal gegangen. Zu glauben, dieses wäre schon zu Ende und man könne ab sofort wieder so weitermachen, wie bisher, wäre das endgültige Ende der FDP. Das Ergebnis in Schleswig-Holstein - und vermutlich auch das, was in NRW eingefahren werden wird - ist ein weiterer, letzter Vertrauensvorschuss in Richtung einiger Köpfe, die sich von der FDP-Linie der letzten Jahre abgesetzt haben. Das sieht man auch an Umfragen, nach denen 63% der Wähler angeben, dass die FDP auf Bundesebene und die im Land wenig miteinander gemeinsam haben. Wenn aus dem "Wir haben verstanden" jetzt wieder ein "Wir machen, was wir wollen" wird, wird das zum endgültigen Liebesentzug führen. Freude in Demut statt erneuter Größenwahn im Überschwang ist angesagt.

Die Piraten müssen sich von dem Gedanken verabschieden, in dieser Form langfristig eine echte Alternative im liberalen Spektrum sein zu können. Wer es noch nicht gemerkt haben sollte: Die Piraten sind eine linke Partei. Und als solche kostet sie maßgeblich andere linke Parteien Stimmen. Ohne die Piraten gäbe es eine Mehrheit von Rot-Grün, so gibt es einen langen Abend. Mit dieser Erkenntnis soll ihr gar nicht das Existenzrecht abgesprochen werden - und ebenso wenig der Verdienst, Nichtwähler zur Urne zu bringen. Aber das Selbstbild muss angepasst werden, so viel steht fest. Das Ergebnis sollte davon abgesehen allen Parteien zu denken geben, wie sie ihre Prozesse anpassen müssen. Und SPD und Grüne müssen sich die Frage nach realistischen Machtoptionen stellen... womit man übrigens wieder bei der FDP wäre.

Und die Union... naja... für die geht die Idee, die FDP zu vernichten und damit eine Regierung ohne Angela Merkel als Kanzlerin unmöglich zu machen, vielleicht doch nicht auf. Das dürfte die fortlaufende Sozialdemokratisierung stoppen - und vielleicht auch an der einen oder anderen Stellen dafür sorgen, dass man dem Koalitionspartner entgegenkommt. Denn eine Ampel nach 2013 wäre für Angela Merkel der absolute Super-GAU... 

Spannende Zeiten allemal... der liberale Gedanke könnte ein grandioses Comeback erleben, befeuert durch die allgemeine machtpolitische Großwetterlage. Jetzt gilt es für die FDP die Potenziale durch gutes Handwerk, ehrliche Inhalte und Demut vor dem Wähler zu heben. Das wäre mal was Neues nach zehn Jahren, in denen die Großmannsucht überhand genommen hatte...


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