Die Glückwünsche, die mich seit gestern Abend erreichen, sind zahlreich. Aber so sehr ich mich über den Anlass für diese freue, so wenig möchte ich als Person diese akzeptieren. Zumindest nicht ohne dass ich sie postwendend zurückschicke.
Dass Joachim Gauck nun Bundespräsident werden wird ist eine Zäsur. Nicht, weil er Bürgerrechtler war oder weil er parteiunabhängig ist oder weil er von allen großen Parteien gemeinsam nominiert ist. Nein, der eigentliche Grund liegt fast zwei Jahre zurück. Hätte es die Bürgerbewegung pro Gauck im Juni 2010 nicht gegeben - von der ich zwar das Gesicht sein durfte, die aber ohne die vielen Tausend anderen, die sich mit Worten und Taten engagierten nicht mehr als nur heiße Luft gewesen wäre -, nein, hätte es die nicht gegeben, man darf davon ausgehen, dass Joachim Gauck jetzt nicht nominiert wäre.
Dabei sollte man die direkte Wirkung von Mailingaktionen und Minidemonstrationen auf die Kanzlerin und ihr Umfeld zwar nicht überschätzen. Unterschätzen sollte man den nachhallenden Effekt aber auch nicht. Hätte es den „Aufstand“ für Gauck 2010 nicht gegeben, die Bild am Sonntag hätte gestern nicht mit Gauck titeln können, wie sie es getan hat. Ohne 2010 hätte es auch die Eindeutigkeit in den offiziellen und inoffiziellen Meinungsumfragen nicht gegeben, die keinen Zweifel offen ließen: Joachim Gauck ist der Kandidat der Bürger.
Wir haben als Bürger das getan, was Bürger aus Sicht von Joachim Gauck tun sollten: Verantwortung übernommen. Darauf können wir stolz sein – und es ist durchaus legitim den Triumpf für einen Moment auszukosten. Nun gilt es allerdings, dafür zu sorgen, dass das keine Alltagsfliege bleibt und wir den Weg in die Bürgergesellschaft weiter beschreiten. Wir müssen uns weiter vernetzen und kritisch bleiben, uns engagieren und den Mächtigen auf die Füße treten. Das gilt übrigens auch in unserem Verhältnis zu Joachim Gauck, keine Frage. Personenkult hilft auch ihm nicht, sein Amt bestmöglich auszufüllen.
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