In den letzten Tagen wurde viel geschrieben, was die Wahrnehmung beförderte, dass der Fortbestand der schwarz-gelben Koalition davon abhängt, dass Christian Wulff am 30. Juni zum Bundespräsidenten gewählt wird. Ich selbst habe diese Ansicht vor einigen Tagen auch noch vertreten. Inzwischen sehe ich das Ganze allerdings etwas differenzierter. Davon abgesehen, dass ein Bruch der Koalition nach einer gescheiterten Kandidatur Wulffs mit Sicherheit nicht alleine aus diesem Grund geschehen würde, sondern vielmehr aufgrund einer Summe von Vorfällen, die sich über die letzten Monate ereignet haben: Ich glaube aus einem ganz bestimmten Grund nicht daran. Bedenkt man die Ausgangssituation, gibt es kein Szenario indem einer der drei Partner durch einen Bruch der Koalition besser gestellt wäre. Denn:
- Ein Wechsel auf einen anderen Partner ist weder für die Union noch für die FDP möglich. Die FDP hätte mit SPD und Grünen schlichtweg keine Mehrheit (anders als in der Bundesversammlung). Die Union könnte zwar theoretisch mit der SPD regieren. Letztere hat aber vor dem Hintergrund der aktuellen Umfragen kein Interesse, Angela Merkel den Pelz zu retten.
- Sollte es zu Neuwahlen kommen, müssten sowohl die Union als auch die Liberalen mit massiven Einbußen rechnen, weshalb alle ein großes Interesse an der Fortführung der Koalition haben.
- Die verfassungsrechtlichen Hürden für Neuwahlen sind in Deutschland relativ hoch. Einer Auflösung des Parlaments muss ein eine gescheiterte Vertrauensfrage vorausgehen. Vor den o.g. Hintergründen hat aber kein Abgeordneter von Union oder FDP ein Interesse, diese scheitern zu lassen. Selbst wenn die Koalitionsspitzen nicht mehr miteinander könnten, wäre nicht sicher, dass eine Vertrauensfrage tatsächlich scheitern würde.
Vielleicht ginge es der Koalition besser, wenn der eine oder andere am Ende seinen Hut nähme. Und Christian Wulff… nunja. Der würde wohl einfach Ministerpräsident bleiben… und bis 2013, wenn die nächsten Wahlen anstehen, kann er ja Bewerbungen schreiben…
Das sehe ich ganz genau so. Es ist ein völlig unzulässiges Junktim, die Wahl des Bundespräsidenten, also die P-Frage, mit der K-Frage zu verknüpfen. Es wäre ausgesprochen unklug von der Kanzlerin, auf diese ihr gestellte Falle einzugehen. Das wäre doch eine Einladung für alle ihre - inzwischen ja zahlreichen - Gegner, für Gauck aus den falschen Gründen zu stimmen. Nein, Gauck ist der auch in der CDU immer mehr akzeptierte richtigere Kandidat für das Amt. Am 30.6. geht es um den Bundespräsidenten und nicht um mehr. Wer die Latte höher hängt, will letztlich Angela Merkel schaden.
AntwortenLöschen