Dienstag, 25. Mai 2010

Elite im Hamsterrad - Geleitwort von Dr. Jorgo Chatzimarkakis

Nur noch wenige Tage, dann ist es so weit: "Elite im Hamsterrad - Manifest für einen Neuanfang der kreativen Klasse" wird im Buchhandel zu haben sein. Hier nun - nach der ofiziellen Buchbeschreibung - auch das zugehörige Geleitwort.

Die Weltgemeinschaft – und mit ihr Europa – steht vor einem Umbruch. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass ein Umdenken, wenn nicht sogar ein radikaler Neuanfang, in den westlichen Gesellschaften alternativlos ist. Überschuldete Staaten, entfesselte Spekulanten und abnehmende Chancengleichheit sorgen zunehmend für soziale Spannungen, die sich immer öfter auf der Straße entladen. Die Ursachen müssen bekämpft werden, um zu vermeiden, dass unser demokratisches System Schaden nimmt. Dafür braucht es Vordenker, die Verantwortung übernehmen und neue Wege aufzeigen. Doch diese fehlen derzeit.
Die Finanz- und Griechenlandkrise ist auch und im Besonderen eine Krise der politischen Entscheidungsträger. Finanzinvestoren haben ihre Freiheit genutzt, um mit Spekulationsgeschäften zu verdienen, die nicht zwangsläufig einen volkswirtschaftlichen Mehrwert erzeugt haben. Das gilt ebenso für die politischen Eliten in Griechenland und anderswo, die mit der Unterstützung von Beratern und Banken die Zahlen gefälscht und damit den Euro angreifbar gemacht haben. Den Spekulanten allein die Schuld an der gegenwärtigen Krise des Euro zu geben, wäre aber zu kurz gedacht. Diese suchen zwar gezielt nach Schwachstellen, ohne die massive Überschuldung einiger EU-Staaten wären sie allerdings machtlos. In Deutschland zeigt man mit dem Finger auf die anderen – und hat nicht verstanden, dass uns dasselbe Schicksal droht. Die Antwort kann nur ein Zusammenrücken derjenigen Kräfte sein, die diese Gemeinschaft erhalten wollen.
Wir brauchen mehr Europa, um die Zukunft gestalten zu können. Wer glaubt, dass ein Zurückziehen auf die nationale Ebene die Antwort auf die Probleme dieser Zeit sein kann, der irrt. Die Globalisierung zwingt zur Zusammenarbeit; wer sich zu entziehen versucht, wird langfristig eine leichte Beute für aggressive Spekulationsstrategien sein. Wer das Primat des Staates nicht aufgeben will, muss den Staat schlanker und handlungsfähiger machen. 
Die gesellschaftlichen Eliten werden mehr denn je gefragt sein, diesen Prozess mit Sinn und Verstand, Moral und Verantwortung zu begleiten. Dafür müssen sie allerdings den Ernst der Lage erkennen und sich frei machen von den Ketten, die sie sich haben anlegen lassen. Dieses Buch kommt daher genau zur richtigen Zeit, erklärt es doch nicht nur, wie wir dahin gekommen sind, wo wir heute stehen, sondern auch, was geschehen muss, um den verheerenden Kreislauf zu durchbrechen. Christoph Giesa hat Recht, wenn er die Eliten im Besonderen in die Pflicht nimmt, gleichzeitig aber auch alle anderen gesellschaftlichen Kräfte dazu aufruft, ihren Teil zur Gestaltung der Zukunft beizutragen. Denn eine Gesellschaft braucht eine Spitze, die verantwortungsvoll und moralisch handelt. Aber sie braucht auch eine große Masse von Menschen, die bereit ist, Veränderungen mitzutragen. Denn am Ende sitzen wir alle in ein und demselben Boot. Und der Zielhafen kann nur ein geeintes Europa sein.  

Dr. Jorgo Chatzimarkakis, Jahrgang 1966, war Schüler von Lord Ralf Dahrendorf und ist Autor und Herausgeber verschiedener Bücher zu gesellschaftspolitischen Fragestellungen, darunter „Brücken zwischen Freiheit und Gemeinsinn“ und „Europäischer Patriotismus“. Er ist Generalsekretär der FDP im Saarland, Mitglied des Bundesvorstandes der Liberalen und seit 2004 Mitglied des Europaparlamentes. 2007 wurde Chatzimarkakis von seinen Kollegen zum „Europaabgeordneten des Jahres“ in der Kategorie "Forschung und Technologie" gewählt. Im Internet findet man ihn unter www.chatzi.de.

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