Facebook steht im Focus rechtsradikaler Proteste, unter anderem, weil es immer wieder Accounts wegen Hatespeech sperrt oder gleich tausende Konten löscht, die im Verdacht stehen, nur für Falschmeldungen genutzt zu werden. Nur sollten wir uns nicht täuschen (und schon gar nicht zu falschen Solidaritätsbekundungen hinreißen lassen). Denn wie ich jetzt selbst erleben durfte, gibt es auch Fälle, in denen Facebook in seiner grenzenlosen Unfähigkeit genau diesen Rechtsradikalen hilft.
Was ist passiert? In einer Debatte rund um die geleakten Chatprotokolle des (inzwischen zurückgetretenen) stellv. AfD-Fraktionsvorsitzenden im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern ging es unter anderem um dessen anale Vergewaltigungsfantasien an Zehnjährigen, die übrigens für zwei weitere AfD-Abgeordnete kein Grund waren, dagegen aufzubegehren. Trotz eindeutiger Sätze wie "So´n schönes zehnjähriges Poloch ist sicher schön eng…“ fühlte sich ein AfD-Fanboy berufen, diese Aussage nicht nur zu relativieren, sondern vielmehr zu behaupten, die AfD sei die einzige Partei, die noch Menschen wie ihn vertrete. Auch meine Nachfrage hin, ob er das auch auf Aussagen zu Vergewaltigungen Zehnjähriger beziehe, wurde ich zunächst von mehreren rechten Hetzern gemeldet und dann von Facebook für 24 Stunden gesperrt.
Das ist gleich auf mehreren Ebenen interessant. Erstens war es Mark Zuckerberg, der lange dafür warb, Hass auf Facebook mit Counterspeech entgegenzutreten. Nur wie soll das gehen, wenn man dafür dann gesperrt wird? Zweitens scheinen diejenigen, die bei Facebook Kommentare bewerten, entweder kein ordentliches Deutsch zu können, oder strunzdumm zu sein. Zumindest sind sie nicht in der Lage, Kommentare im Kontext zu verstehen. Das hilft natürlich den Radikalen, die mit massenhaften Meldungen genügend Argumente für eine Sperrung liefern können und dann wieder ungestört auf Facebook Vergewaltigungsfantasien an Zehnjährigen relativieren können.
Hier übrigens ein Ausschnitt der Dinge, die immer noch dort stehen - und die ich demnach auch nicht mehr kommentieren konnte:
Ich für meinen Teil ziehe daraus eine ganz persönliche Konsequenz: Ich schalte keine Werbung mehr auf Facebook. Das mag Mark Zuckerberg nicht jucken. Aber ich schlafe dann deutlich besser.
Eine ganz ähnliche Erfahrung habe ich bei der Facebookgruppe "Tegel bleibt offen e.V." gemacht. Sogar ohne jegliche Trigger-Worte wurden zunächst von den Admins meine Beiträge gelöscht, anschließend auch noch eine Rezension vom "Facebook-Team". Ich habe den Eindruck, dass die absichtlich oder fahrlässig eingerichteten Mechanismen bei Facebook noch hermetischere Filterblasen erzeugen, als bei Twitter oder anderen Netzwerken. Bei Facebook ist alles darauf optimiert, die Erregungskurven innerhalb der Blasen zu steigern. Eine demokratische Debatte, die auf Gegenrede und Mäßigung abzielt, stört da nur.
AntwortenLöschen