Ich stehe an einem Fenster des Flughafens in Bangkok, mit Blick auf den Flieger, in den ich gleich einsteigen werde. Die Brücke ist schon angedockt, Flughafenpersonal ist allerdings nicht zu sehen. In dieser Stille fällt der Blick auf einen Vogel, der sich für ein Stück Plastikfolie interessiert, das ansonsten unbeachtet über das Rollfeld weht. Er greift es mit dem Schnabel, flattert auf die Leiter. Dort legt er eine Pause ein, greift nun mit den Krallen zu und macht sich unter enormen Anstrengungen auf ins Räderwerk der Brücke, wo er offensichtlich brütet.
Immer wieder fällt das Stück Plastik herunter bei dem Versuch, es in den Hohlraum zu ziehen, wo vermutlich gerade ein Nest entsteht. Immer wieder weht das Plastik weg. Immer wieder fliegt der Vogel hinterher, greift es mit dem Schnabel, fliegt auf die Leiter, greift um, macht sich auf zum Räderwerk. Fünfmal, zehnmal. Er gibt nicht auf. Was genau hat er vor? Soll das Plastik seine Brut vor Regen schützen? Als Dach oder als Boden fungieren? Ich weiß es nicht.
Das Unternehmen kommt zu einem jähen Ende, als die Mensche zurückkehren. Gestalten mit Mundschutz, in Uniform. Anonym. Das Stück Plastik ist für sie keinen zweiten Blick wert, sie nehmen es nicht einmal wahr. Was für den Vogel die Basis für sein Zuhause sein könnte, ist für sie nichts, höchstens Müll. Auch von dem Vogel wissen sie nichts. Sie tun routiniert ihre Pflicht. Kurz danach verlasse ich das Fenster, zeige meine Boardkarte vor, steige in den Flieger. Die Brücke wird achtlos zur Seite geschoben.
Die Kraft der Turbinen wird das Stück Plastik weit wegwehen. Der kleine Vogel wird zurückbleiben und neu beginnen. Vielleicht findet sich ja morgen ein neues Stück Plastik? Vielleicht sieht ein anderer Passagier dem Vogel dann dabei zu, wie er dieses erfolgreich in der Brücke unterbringt, bevor die Menschen kommen, und wieder alles durcheinander bringen? Groß und klein, wichtig und unwichtig liegen so nah beieinander. Es ist eben alles eine Frage der Perspektive.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen