Sonntag, 23. Februar 2014

Buchprojekt - New Business Order

Nach über zwei Jahren, die seit der ersten Idee vergangen sind, ist es heute endlich so weit: Mit "New Business Order" erscheint mein neues Buchprojekt, an dem ich gemeinsam mit meiner Co-Autorin Lena Schiller Clausen hart und mit viel Herzblut gearbeitet habe im renommierten Hanser Verlag. An dieser Stelle will ich einmal einen ganz subjektiven Blick auf das Projekt werfen.

Angefangen hat alles vor etwa drei Jahren, als ich noch in meinem vorherigen Job im Rahmen eines Projektes die Möglichkeiten ausgelotet habe, wie man einen großen Konzern an der Peripherie öffnen kann. Ziel war, neue Arbeitsformen, neue Formen der Kollaboration auszuprobieren und neue Impulse zu finden. Meine heutige Co-Autorin Lena war damals meine Ansprechpartnerin als Geschäftsführerin des betahaus in Hamburg, dem Coworking Space, den wir uns als Projektpartner ausgesucht hatten.

Schon während des gemeinsamen Projektes merkten wir nicht nur, dass wir gut zusammenarbeiten konnten, sondern auch, dass das, was wir taten, für viele andere Menschen ebenso relevant war. Immer wieder führten wir Gespräche, mit Vertretern etablierter Unternehmen wie mit Gründern, und stellten fest, dass es eine große Unsicherheit darüber gab, wie Zusammenarbeit, wie Wirtschaft in Zukunft aussehen würde. Immer wieder spürten wir eine grundsätzliche Offenheit, Veränderungen anzunehmen, gepaart mit einem Mangel an Wissen und Möglichkeiten, sprich: Unsicherheit darüber, wie das gehen sollte. Diese Erkenntnis war letztlich der Impuls, der uns dazu brachte, vor über zwei Jahren die Arbeit an "New Business Order" aufzunehmen...

Um was geht es uns konkret? Der Untertitel "Wie Start-ups Wirtschaft und Gesellschaft verändern" verrät schon einiges: Es geht uns darum, die Prinzipien, mit denen junge Unternehmen erfolgreich bestehende Marktstrukturen durcheinander wirbeln, zu isolieren, zu beschreiben und damit zu helfen, die Hintergründe zu verstehen. Letzteres ist besonders wichtig, weil es ohne Verständnis schwer ist, für die eigene Situation die richtigen Ableitungen zu treffen. Aber genau darum geht es uns eigentlich: Wir wollen Ideen geben, wie man die Prinzipien anwendbar macht, egal ob man nun selbst gegründet hat, Geschäftsführer eines Mittelständlers ist oder in einem Großkonzern für Personal oder Innovation zuständig ist.

Damit wir uns nicht im luftleeren Raum bewegen (und damit niemand einfach sagen kann "Das gilt ja für uns nicht, wir sind ja ganz anders"), haben wir unsere Überzeugungen und Erkenntnisse mit etwa 30 Unternehmensbeispielen angereichert - und uns dabei gezielt von den "üblichen Verdächtigen" wie Google oder Apple ferngehalten. Uns war viel mehr wichtig, "normale" Unternehmen zu finden, die die Dinge ähnlich wie Startups machen - und damit beweisen, dass es wirklich geht. Dabei sind wir auf einen metallverarbeitenden Betrieb aus der Bodenseeregion ebenso gestoßen wie auf einen Computergroßhändler aus Westfalen, auf einen tomatenverarbeitenden Konzern aus Amerika ebenso wie auf einen Mischkonzern aus Brasilien.

Unter den Startups, die wir beleuchtet haben, befinden sich bekannte Namen wie Automattic/Wordpress, Protonet (das in der Zwischenzeit zum Startup des Jahres 2013 gewählt wurde) oder Coffee Circle, aber auch viele eher unbekannte wie finmar oder Sugru. Und keine Frage: Wir haben selbst in der Recherchephase noch viel gelernt, was weit über das hinausging, was uns dazu brachte, die Arbeit am Buch zu beginnen. Wie waren immer wieder selbst überrascht - und begeistert. Und genau das lässt uns auch glauben, dass uns ein wertvolles Buch gelungen ist, dessen 316 Seiten auch anderen an der Zukunft der Arbeit, der Wirtschaft, der Gesellschaft Interessierten eine spannende Lektüre sein kann.

Ab sofort werden Lena und ich überall im deutschsprachigen Raum unterwegs sein, um unser Werk vorzustellen und die Gedanken zu diskutieren. Eine immer aktuelle Übersicht über die Termine gibt es hier. Über Anfragen von Veranstaltern, Unternehmen, Verbänden, Coworking-Spaces, Initiativen freuen wir uns aber natürlich weiterhin... Wer dauernd auf dem Laufenden bleiben und mitdiskutieren will, kann das ab sofort schon über die Facebook-Page. Eine Homepage ist in Arbeit.

Zum Abschluss noch ein paar warme Worte, die nicht vergessen werden sollten. Großer Dank gilt heute schon den unzähligen Menschen, die sich Zeit genommen haben, um uns Dinge zu erklären und mit uns zu diskutieren, die uns auf spannende Quellen oder Kontakte hingewiesen haben oder mit dem kritischen Blick auf den Text zur Qualitätssicherung beigetragen haben. Ganz besonders herzlich wollen wir dem Bureau Hardy Seiler danken, das für das unorthodoxe, anspruchsvolle und hoffentlich auch ansprechende Cover des Buches verantwortlich zeichnet.

Für uns ist "New Business Order" aus vielen verschiedenen Gründen ein ganz wichtiges Projekt. Die Zeit des Wartens ist vorbei, ab sofort geht es rund. Wir sind sehr gespannt auf das erste Feedback...

Freitag, 14. Februar 2014

Keine Sternstunde der Demokratie

Es ist einige Wochen her, seitdem der Aufruf der Schriftsteller gegen die Massenüberwachung der Bürger erschien. Inzwischen sind weitere Details der Überwachung durch die NSA bekannt geworden – am Schweigen der Kanzlerin zum Thema hat das allerdings bisher nichts geändert. Die Grünen haben den Aufruf zum Anlass genommen, einen entsprechenden Antrag mit dem Titel „Demokratie verteidigen im digitalen Zeitalter“ in den Bundestag einzubringen. Dazu fand heute die erste Lesung statt, zu der ich mich gemeinsam mit etwa 20 Autorenkolleginnen und –kollegen im Bundestag einfand. Und es stellte sich heraus: Alles ist noch viel schlimmer, als gedacht.

Natürlich kamen im Rahmen der Debatte keine neuen, erschreckenden Details heraus. Dazu ist eine Bundestagsdebatte auch nur in den seltensten Fällen da. Vielmehr konnte man in den über anderthalb Stunden auch ohne ausgefeilte Spionagetechnik einen recht guten Blick in die Köpfe der Abgeordneten werfen. Und gerade im Fall der Union muss man konstatieren: Jeder Zombie in einem Horrorfilm zeigt mehr Reflektionsvermögen, als konservative MdBs bei Fragen der Bürgerrechte.

„Ein Mensch unter Beobachtung ist niemals frei!“ – um diesen Satz des Aufrufs strickte Katrin Göring-Eckardt ihre Rede und sparte nicht an berechtigter Kritik an der Bundesregierung, insbesondere auch an der Kanzlerin selbst. Die Linken schlugen in dieselbe Kerbe, nutzten die Debatte allerdings, um auch ihr sonstiges Programm ins Spiel zu bringen – was in weiten Teilen nur am Rande mit dem eigentlichen Thema zu tun hatte. Die SPD wiederum rührte zwar bei den Reden der Opposition wie üblich keinen Finger – in verschiedenen Reden konnte man allerdings herauslesen, dass sie es manches Mal gerne getan hätten und dass man sich bei diesem Thema nur mit einigen Bauchschmerzen an der Seite der Union findet. Bei dieser wiederum herrscht eine dumm-dreiste Schmerzbefreitheit, gepaart mit einer unglaublichen Unkenntnis zum Thema, dass es einem fast schon körperliche Schmerzen bereiten musste.

Manche Einlassung konnte noch unter „Comedy“ durchgehen. So riet die Unionsabgeordnete Nina Warken (Jahrgang 1979, auch wenn sie sich anhörte, wie ihr eigener Großvater) etwa dazu, sichere Passwörter zu benutzen, denn damit sei schon ein gutes Stück des Problems gelöst. Die NSA-Abhörspezialisten dürften sich die Bäuche gehalten haben vor Lachen, ebenso wie das Publikum auf der Besuchertribüne. Ein Kollege sekundierte, man hätte inzwischen einige wichtige Schritte eingeleitet, unter anderem würde man die Stiftung Warentest im Kampf gegen Datenmissbrauch stärken. Google, Facebook, die NSA und Barack Obama dürften die Knie schlottern.

An anderen Stellen konnte man allerdings noch nicht einmal mehr lachen. So wurde von den Unionsabgeordneten immer wieder die Eigenverantwortung der Bürger als maßgeblich angesehen, Daten nicht ins Netz zu stellen. Dass es der Staat ist, der auch in anderen Lebensbereichen sicherstellen muss, dass Gesetze eingehalten werden, scheint für die Union im Netz nicht zu gelten. Im übertragenden Sinne rufen ihre Mitglieder daher dazu auf, sich mit Waffen auszurüsten, weil man nicht mehr in der Lage ist, Raubüberfälle auf der Straße zu vermeiden. Dass gleichzeitig immer wieder der Aspekt Sicherheit quasi als Legitimation für jegliches Abhören und Überwachen unbescholtener Bürger angebracht wurde, lässt nur einen Schluss zu: bei den Konservativen begrüßt man das Tun der NSA sogar, auch wenn man natürlich öffentlich das Gegenteil behauptet.

Insgesamt fiel das unglaublich niedrige Argumentationsniveau der Unionsabgeordneten auf. Das hatte wohl auch damit zu tun, dass ein Großteil der Debattenteilnehmer aus den Reihen der Großen Koalition in dieser wohl als nicht besonders wichtig angesehenen Aussprache ihre Jungfernrede im Bundestag halten durften. Dass die Regierungsbank so gut wie leer war, überrascht da fast schon nicht mehr. Es steht zu vermuten, dass vor allem die Abgeordneten aus der Union von ihren eigenen Regierungsmitgliedern dumm gehalten werden. Dass sie sich das unwidersprochen gefallen lassen und sogar noch glauben, die Regierung verteidigen zu müssen, lässt nicht nur erahnen, wer in der Union den Weg durch die Institutionen schafft, sondern auch, dass an dem Gefühl, dass die Trennung von Exekutive und Legislative inzwischen nur noch auf dem Papier besteht, durchaus etwas dran ist.


Der Spaß, das wurde heute wieder deutlich, ist endgültig vorbei. Es ist Zeit, den Feinden der Freiheit endlich die Daumenschrauben zu zeigen. Vor diesem Hintergrund ist jede Stimme für die Union bei der kommenden Europawahl eine Schande für das Selbstbewusstsein eines jeden Bürgers. Wer die Freiheit auf dem Altar von Sicherheit und Stabilität opfert, wird alsbald aufwachen und alles verloren haben. So weit dürfen wir es wirklich nicht kommen lassen…