Montag, 15. August 2011

Detlef Gürtler - "Entschuldigung! Ich bin deutsch"

Wer momentan die Buchhandlung seines Vertrauens betritt, findet immer wieder kleine Heftchen, in denen die Autoren kurz und knapp eine starke These vertreten. Wieder salonfähig wurde dieser Form durch Stephane Hessels "Empört Euch!" - und dieser Tage kommt man in Deutschland auch ein anderes dieser kleinen Bücher kaum herum, liegt es doch fast überall gut platziert aus. Die Rede ist von Detlef Gürtlers "Entschuldigung! Ich bin deutsch" und ich muss gestehen: Das Buch hat mich für einen Moment ratlos zurückgelassen. Aber damit bin ich wohl - betrachtet man die anderen Rezensionen hier bei Amazon - nicht alleine.

Die Idee hinter dem Buch ist brilliant: Mit einer hinreichend provokativen, mit wenig Zeitaufwand zu lesenden Streitschrift, übersetzt in sieben Sprache eine Diskussion darüber loszubrechen, wie Europa sein sollte - und zwar indem man als Deutscher den deutschen Allmachtsanspruch auf die Schippe nimmt. Vor allem wenn man viel gereist ist, muss man an einigen Stellen schmunzeln, weil einem das, was man vielleicht erst als banales Vorurteil empfinden würde, eben in der Realität ohne bösen Willen immer wieder begegnet ist. Aus einer rein deutschen Perspektive betrachtet sind diese Stellen vermutlich nur halb so witzig, weil man die Wahrheit kennt. Insofern ist es eine echte Herausforderung an den Leser, das Buch auch als Deutscher im richtigen Kontext zu lesen. Und ich kann mir gut vorstellen, dass dies den einen oder anderen auch überfordert. Genau das ist die eigentliche Schwäche dieses Buches, vielleicht gepaart mit dem Versuch, zu viele Facetten der Thematik auf sehr wenige Seiten zwischen zwei kleine Buchdeckel zu packen. Es wird spannend sein zu sehen, wie sich das Buch außerhalb Deutschlands macht. Denn mit seinem Anliegen hat der Autor zu 100% recht: Wir brauchen eine über die Grenzen hinausgehende Diskussion darüber, wie Europa aussehen soll und welche Rolle wer darin spielen soll. Diese Frage sollten gerade auch wir Deutschen als größtes europäisches Volk immer wieder stellen... und Gürtlers Streitschrift "Entschuldigung! Ich bin deutsch" ist dafür ein wertvoller Impuls.

Sonntag, 14. August 2011

So alt und doch so aktuell...

"Die Institutionen, die in früheren Zeiten Werte setzten und Spielregeln festlegten: Elternhaus und Schule, sind dazu nicht mehr in der Lage, aber ohne eine solidaritätsschaffende und Orientierung bietende Ethik wird die Gesellschaft auf Dauer nicht bestehen können. Denn jede Gesellschaft braucht Bindungen, ohne Spielregeln, ohne Tradition, ohne einen ethischen Minimalkonsens wird unser Gemeinwesen eines Tages so zusammenbrechen wie vor kurzem das sozialistische System."

Marion Gräfin Dönhoff im Jahre 1997

Samstag, 13. August 2011

Ein Blick zurück in die Zukunft

"Eine Meldung über eine elektronische Zeitung, die blitzschnell Information in jedes Haus bringt. Gewiss, doch das Problem besteht darin, dass der Prozess der Beschleunigung der Information mit deren Verseichtung einhergeht. Immer mehr Information, gleichzeitig aber auch seichtere."

Eine spannende Beobachtung, gerade gefunden in Ryszard Kapuscinskis "Lapidarium" - aus dem Jahr 1992, wohlgemerkt. Und eine echte Aufgabe für uns als Konsumenten.

Samstag, 6. August 2011

Brüllendes Schweigen

Sarrazin, Henkel, Broder und Co sind fast schon omnipräsent. Doch wo sind die Verteidiger unseres liberalen Gesellschaftsmodells? Es ist an der Zeit, sich mit breiter Brust den Populisten in den Weg zu stellen.
Noch vorige Woche habe ich diejenigen wie Thilo Sarrazin, die sich von Menschen feiern lassen, deren Blick auf die offene Gesellschaft irgendwo zwischen ablehnend und feindlich einzuordnen ist, aufgefordert, sich zu bekennen und eine klare Trennlinie zwischen sich und dieser Gruppe zu ziehen. In dieser Woche wende ich mich eher an die, die auf der anderen Seite stehen und fordere sie auf: Bekennt euch! Überlasst den Gegnern unseres liberalen Gesellschaftsmodells nicht kampflos das Feld!

Dass diese Gefahr besteht, zeigt ein Blick ins Internet. Die Reaktionen auf meine eigenen Beiträge aus den letzten beiden Wochen sind beispielhaft für das, was im öffentlichen Diskurs, vor allem aber in der digitalen Welt derzeit gründlich schiefläuft. Wer sich nur mit den Kommentaren zu meiner Kolumne auf den verschiedensten Plattformen beschäftigt hat, muss zu dem Schluss kommen: Die große Mehrzahl derjenigen, die die Texte gelesen haben, halten mich für einen Hetzer und Verleumder und meinen Text für irgendwo zwischen schlecht recherchiert und dumm.

Nun ist es durchaus interessant, sich diese Posts einmal genauer anzuschauen. Immer wieder trifft man nämlich auf dieselben Vorwürfe, die die Kommentatoren dann auch gleich fleißig mit den immer gleichen Argumenten widerlegen. So heißt es immer wieder, es sei absurd, Sarrazin mit den Anschlägen in Norwegen in Verbindung zu bringen und dass es mir eben nur darum gehe, einen ehrenwerten Mann zu diskreditieren. Dass ich die Aussage selbst nie getroffen habe, interessiert dabei entweder niemanden, die Posts wurden aus reinem Reflex heraus geschrieben oder der Text wurde schlicht nicht verstanden. Alle drei Möglichkeiten helfen dabei nicht, die Debattenkultur zu befördern. Dasselbe gilt für die immer wiederkehrende Feststellung, ich hätte sicher Sarrazins Buch nicht gelesen und hätte daher eigentlich kein Recht mitzureden. Dass ich mich an keiner Stelle auf das Buch bezogen habe, wird dabei, gewollt oder nicht, ausgeblendet. Als besonders spannend – und kritisch – sehe ich aber die auch an vielen anderen Stellen zu findende Behauptung, dass diejenigen, die aufbegehren gegen den „Kulturmarxismus“, gegen die „Islamisierung Europas“, gegen die „EUdSSR“ genau diejenigen seien, die für die große, „schweigende Mehrheit“ sprächen, die sich nur nicht traue, das Wort zu erheben, weil man von den vermeintlich „linken Medien“ und den dahintersteckenden „Gutmenschen“ dann mit aller Gewalt im Rahmen einer „Hetzjagd“ möglichst „mundtot“ gemacht würde.

Davon abgesehen, dass mir nicht bewusst ist, dass irgendjemand von denen, die sich in Deutschland im Rahmen gewisser demokratischer Regeln gegen den „politischen Mainstream“ stellen, bisher mundtot gemacht worden wäre – im Gegenteil: Sarrazin, Henkel, Broder und Co sind fast schon omnipräsent in einer Medienlandschaft, die nach Provokation lechzt – glaube ich, dass noch ein anderer, viel wichtigerer Denkfehler bei den meist anonymen Schreiberlingen vorliegt. Denn alle Indikatoren zeigen: Sie sind alles, aber nicht schweigend und nicht die Mehrheit. Ersteren Teil widerlegen sie selbst, denn wer dermaßen herumbrüllt, kann es mit dem Schweigen nicht so ernst meinen, sondern sollte sich vielmehr einmal mit seinem Selbstbild beschäftigen. Zweiteren Teil für alle deutlich sichtbar zu widerlegen – und damit schließt sich der Kreis zur Einleitung dieses Textes – das ist die Aufgabe von uns allen, die wir derzeit aus einer Mischung aus Faulheit und Abscheu heraus nicht annehmen. Denn wer genau hinschaut, wird auch bei meinen Texten der vergangenen Wochen erkennen, dass die Zahl derer, die sich in den Kommentarspalten echauffieren, sich nur im Bruchteilbereich von der Zahl derer bewegt, die die Artikel bei Facebook empfehlen und damit ihre Zustimmung signalisieren. Es ist ein gutes Gefühl zu merken, dass die brüllende Minderheit eben doch nicht die schweigende Mehrheit ist, die sie gerne wäre. Aber es wird Zeit, dass aus Letzterer endlich eine sich bekennende, die Diskussion annehmende und sich den Populisten mit breiter Brust und Hand in Hand entgegenstellende Mehrheit wird. Es gilt, den im Internet verloren gegangenen Boden der öffentlichen Meinungsbildung zurückzugewinnen. Ich würde vorschlagen, wir fangen genau jetzt und an dieser Stelle damit an.
Zuerst erschienen bei "The European" am 4. August 2011: http://www.theeuropean.de/christoph-giesa/7593-angriff-auf-die-liberale-gesellschaft

Mittwoch, 3. August 2011

Buchvorstellungen "Bürger. Macht. Politik." in Berlin und Hamburg

Am 8.8. erscheint mein neues Buch "Bürger. Macht. Politik." im Campus Verlag. Dazu wird es am selben Tag eine offizielle Buchpräsentation in Berlin geben. Diese ist natürlich öffentlich und kostet keinen Eintritt. Ich würde mich über großes Interesse und eine intensive, breite Diskussion freuen.

Stattfinden wird die Präsentation nicht etwa in einem klassichen Mitte-Café in gediegener Atmosphäre, sondern mitten im pulsierenden Kreuzberg, an einem Ort, wo Neues entsteht. Die Rede ist vom betahaus Berlin, gelegen direkt neben den Prinzessinnengärten in der Prinzessinnenstraße 19-20. Beginn der Veranstaltung ist um 19:30 Uhr, für Häppchen und Soft Drinks ist gesorgt und auch darüber hinaus ist das betahaus-Café bestens gerüstet, unter anderem mit leckerem Coffee Circle-Kaffee

Inhaltlich wird es neben der Vorstellung des Buches auch darum gehen, zu diskutieren, wie der Gedanke der losen Netzwerke, der in der Wirtschaft schon Raum greift, auch an anderen Stellen in der Gesellschaft einen Mehrwert bringen kann. Ich freue mich besonders, dass wir an diesem Abend auch den offiziellen Startschuss des Social Business-Startups "Doonited" feiern können. Es wird also doppelt spannend.

Hier die Event-Seite bei Facebook: Buchvorstellung Berlin.

Eine Woche später (am 15.8., 19:30 Uhr) geht es dann in Hamburg rund. Auch in einem pulsierenden Stadteil, auch in einem betahaus. Diesmal treffen wir uns, wenn Ihr wollt, im betahaus im Hamburger Schanzenviertel in der Lerchenstraße 28a / Eingang Schilleroper. Auch hier wird sicher hart diskutiert und neben "Doonited" wird auch "Protonet" seine Idee vorstellen. Spannend, das kann ich versprechen!

Auch hier die Event-Seite bei Facebook: Buchvorstellung Hamburg. Darüber hinaus hat auch die betahaus-Crew selbst in ihrem Blog etwas geschrieben.

Kommt zahlreich - ich freue mich!