Freitag, 4. Juni 2010

Was wäre wenn...

...Joachim Gauck Bundespräsident würde?

Stellen wir uns vor, Joachim Gauck setzt sich gegen Christian Wulff durch. Davon abgesehen, dass Letzterer dann auch seinen Job als Ministerpräsident in Niedersachsen los ist und sämtliche politische Ambitionen begraben kann, welche Auswirkungen hätte das? Politisch käme das einem Erdbeben gleich. Zumindest Guido Westerwelle müsste seinen Hut nehmen, denn er wird es unmöglich schaffen, seiner Basis zu erklären, welchen Nutzen die FDP überhaupt aus der ganzen Aktion hätte ziehen können. Im besten Fall wird ein Merkel-Intimus mit CDU-Parteibuch Bundespräsident. Im schlechtesten Fall platzt die Koalition und die FDP landet bei Neuwahlen unter 5 Prozent. Die liberale Seele kocht schon jetzt. Was darüber hinaus passieren würde, steht in den Sternen. Ich halte die Option von Neuwahlen für unwahrscheinlich, denn alle drei Koalitionsparteien müssten damit rechnen, abgestraft zu werden und hätten daher kein Interesse daran, die Liaison zu beenden. Ein Schwenk von Merkel zurück in die große Koalition ist ebenso unwahrscheinlich, würde doch die SPD aus einer Position der Stärke heraus auf Neuwahlen dringen. Am wahrscheinlichsten wäre daher, dass sich eine noch weiter geschwächte Koalition (Niederlage in der Bundespräsidentenfrage, ohne Mehrheit im Bundesrat, endloser Streit und riesige politische Herausforderungen) versucht über die Runden zu retten und Deutschland damit endgültig in eine Schockstarre fällt. Gestaltung wird unmöglich, daran wird dann auch Gauck als Bundespräsident nichts ändern.

…Christian Wulff Bundespräsident würde?

Das ist ja der Fall, von dem auszugehen ist. Schwarz-Gelb hat eine deutliche Mehrheit in der Bundesversammlung. Dazu kommt noch, dass die Linke einen eigenen Kandidaten aufstellen wird (wieder so eine Witzfigur wie Peter Sodann?) und damit Gauck zumindest im ersten Wahlgang nicht auf deren Stimmen zählen kann. Und auch in den folgenden ist kaum zu erwarten, dass die ehemaligen Stasi-IMs, die bis heute bei der Linken führende Funktionen einnehmen, bereit sind, ihre Stimme dem „Inquisitor“ Gauck zu geben. Wulff wäre also Bundespräsident. Und dann? Die Antwort ist einfach. Nichts. Die Wahl würde nichts an der derzeitigen Großwetterlage ändern. Bei Volk und Journalisten wären Union und FDP weiter unten durch, nur vielleicht noch etwas nachhaltiger. Die Opposition wird weiterhin aus allen Rohren feuern. Die Politikverdrossenheit hat ein weiteres Argument bekommen, zuzunehmen. Und kein Problem ist gelöst. So wie Köhler der Anfang von Schwarz-Gelb sein sollte, könnte Wulff der Anfang vom Ende sein. Aber damit ist vor dem Hintergrund der anstehenden Probleme auch nicht geholfen. Denn was bliebe bei einem Scheitern der „Tigerentenkoalition“ wäre die traurige Erkenntnis, dass in den letzten zehn Jahren fast jeder in fast jeder erdenklichen Kombination (rot-grün, schwarz-rot, schwarz-gelb) schon einmal am Ruder war und es eben nicht geschafft hat, Antworten auf die wichtigsten Fragen zu finden.

Fazit

Ehrlicherweise rückt bei einer solchen Konstellation die Entscheidung, wer am Ende Bundespräsident wird, fast schon in den Hintergrund. Welche Option man auch immer bevorzugt, für mich ist es gewissermaßen die Wahl zwischen Pest und Cholera (was nicht an den Kandidaten an sich liegt), die nur hätte vermieden werden können, wenn sich die beiden Lager geeinigt hätten (neben Gauck wäre auch Töpfer o.ä.) denkbar gewesen. Die Chance wurde vertan, was wohl in der Verantwortung von Angela Merkel liegt.

Ich glaube Gauck ist der bessere Kandidat. Aber ob Gauck oder Wulff: wenn wir unsere fundamentalen gesellschaftlichen Probleme nicht in den Griff kriegen, ist die Auseinandersetzung darüber, wer der bessere Bundespräsident wäre etwa so zu sehen, wie wenn man auf der Titanic darüber streiten würde, wer denn nun am Ende das Orchester dirigieren darf…

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen